Professor Dr. med. Christian Scharfetter

Dept. of Psychiatry, Psychotherapy & Psychosomatics

Psychiatric Hospital, University of Zurich

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Trithemius

Eugen Bleuler 1857-1939

Studie zu seiner Psychopathologie, Psychologie und Schizophrenielehre

Eugen Bleuler (1857-1939) setzte mit seinem Schizophreniebuch (1911) einen Markstein in die Psychiatrie seiner Zeit und damit auch in die Psychiatriegeschichte. Sein Wirken im jahrzehntelangen Zusammenleben mit den Kranken unter dem gleichen Dach brache ihm eine aussergewöhnliche Erfahrung — im Sinne der Vielfalt wie der Nahsicht — von Erleben und Verhalten von Psychiatriepatienten. Hier lebte die Person Eugen Bleuler mit den Personen, deren Geschick sie zu Patienten hatte werden lassen. Das war interpersonale Psychiatrie in tätiger Gemeinschaft. Das wurde vorgelebt als Wesenszeichen Bleulerscher Psychiatrie. Und das gab eine so andere Sicht auf die Psychopathologie, die Psychiatrie überhaupt als die professionelle kustodial verwaltende und in den Vorlesungen demonstrierende Funktionsbeziehung von Klinikchef und Ordinarius und den Patienten.
 
Diese nahe Anschauung, die auch viel mehr an emotional-affektivem Betroffensein und Miterleben brachte, zusammen mit der intrafamiliären Erfahrung einer schizophrenen Psychose (bei seiner Schwester) und mit Bleulers mutiger und offener Bereitschaft zur Introspektion sind wichtige Wurzeln seiner Zusammenschau von sogenannter Normalpsychologie und Psychopathologie: der Patient manifestierte deutlicher, vergröbert und ins Extrem verzerrt, allgemeinmenschliche Erlebnis- und Verhaltensweisen. Da war keine scharfe Zäsur gesund — krank; potentiell Krankhaftes fand sich im scheinbar Gesunden, potentiell Heilsames aber auch im Schizophrenen. Daran musste Therapie anknüpfen und es zu stärken versuchen — eine Therapie, die sich im alltäglichen Besorgen des Nötigen und im Erzieherischen eher austrug als im Symptom-Deuten, Komplex-Aufdecken und biographischen Verstehen.
 
Der hier vorgelegte Text entstand aus Studien zur Psychopathologie und zur Schizophrenielehre Bleulers. Dazu musst die Anamnese sowohl wie die Katamnese seines Denkens bedacht werden: woher kamen die Ideen? Welche Paradigmen, Modelle, welches Wirklichkeits- und Wissenschaftsverständnis hat er übernommen? Wie weit ist sein Denken in den Zeitgeist eingebettet? Welchen Verlauf nehnmen bei Bleuler seine Begriffe, sein Begriffsverständnis, seine Begriffsfassung und -wandlung in Umfang und Inhalt? Gerade im Autismusbegriff zeigt sich eine inflationäre Tendenz zur overinclusiveness.

Juris Druck + Verlag Dietikon, 2001

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